Art Agens | Hi.
Was Sie sehen (und mal eben anklicken könnten ;-) ist eines meiner ersten Bilder in Digital Art, womit ich im Jahre des Herrn: 2000 ernsthaft begann, nach einigen Jahren der Beschäftigung mit anderen künstlerischen Techniken. Es soll ein frühes Bild sein? Ja, denn manchmal, digital läuft die Zeit wohl immer schneller ;-!
Es ist ein Bild, das damals sozusagen irgendwie gerufen war und das ich aus einer anderen Welt - aus vielen anderen Welten - geholt habe - und es stellt selbst einen Blick in eine Virtuelle Welt dar. Es war schon da, es war jetzt dran, die Teile flogen zusammen und ich war der Schmelztiegel. Bißchen ein magischer Moment. So etwas wie ein "Flow"-Erlebnis, können Sie sich das vorstellen?
Der Himmel, das Wasser und das Terrain erarbeite ich mit dem Programm VUE D'ESPRIT, das ich gern für diese Grundbausteine verwende, weil es sie so realistisch darstellen kann. Manchmal vielleicht leider etwas zu perfekt, aber sie - die Programmierer - und ich arbeiten daran ;-(
Das Rot ist schon irre, es ist so... gläsern, so ins Orange und bißchen Blau, es hat dieses Unwirkliche, das die Dinge haben, wenn sie abstrakter werden - und gleichzeitig eben auch selbständiger, klarer, wiederum wirklicher - an sich. Ich habe mich lange bemüht, diesen Ton zu treffen, und da es aber immer auch der Widerschein von Wasser und Himmel ist, also nicht nur die Farbe des Bodens, die dieses Leuchten ausmacht... also, ich bin froh, daß das so herauskommt, auch im Druck.
Weil, meine Bilder und auch dieses sind sozusagen... universelle Bilder - sie versuchen, dieses Ding - an sich darzustellen, also dieses Dahinter. Der Titel des Bildes ist:
Fortschritt
Der Oldtimer stammt aus der guten alten Zeit, nicht? Als die Welt noch in Ordnung war. Einerseits wissen wir, daß das nicht stimmt und auch noch nie gestimmt hat. Es gab auch damals Not, Verfolgungen und Krieg. Aber vielleicht nicht in Farbe und auf 64 Kanälen, stimmts? Hm, man konnte damals nicht so viel sehen. Vielleicht war man glücklicher? Vielleicht meinen wir das, wenn wir von der guten alten Zeit reden, daß wir nicht soviel gesehen haben und also auch nicht so viel mögliche Mitverantwortung trugen.
Es wird nur mit geheimnisvoller Stimme verraten, daß der Oldtimer aus gutem, solidem Edelstahl ist. Ein Material, das es in der Guten Alten Zeit noch gar nicht gab.
Und zweitens, daß ihm - dem Oldtimer - eine Lampe fehlt, die zweite (im Berg drin). Jawohl, die fehlt im 3D-Modell, dem Drahtgeflecht, das hinter diesem Oldtimer - also im Computer - steht. Sie müssen mir schon glauben - es ist auch so, die Lampe fehlt, wirklich. Deshalb ist er ja im Berg gelandet. Das können Sie nicht sehen, deshalb verrate ich es Ihnen.
Ich setze also hinter die virtuelle Welt des Bildes, das Sie gerade auf diesem Schirm betrachten, eine weitere virtuelle Welt, indem ich von etwas erzähle, das Sie nicht sehen können und was im Grunde sogar dann noch "interpretiert" werden müßte, wenn Sie es als wirkliche Digigrafie kaufen, die Sie an die Wand hängen können. Warum verstehen Sie mein Bild eigentlich? Weil, irgendwie... ja, Sie verstehen das. Ich höre das oft, glaube es inzwischen fast... warum aber. Vielleicht...
...weil meine Bilder so etwas wie... Zustände darstellen... Prozesse... Ergebnisse... und komisch, trotzdem verstehen wir einander - Sie und ich. Sie verstehen manchmal auf den ersten Blick, ich höre das manchmal. Die Bildinhalte - das, was sie SIND - kommen offenbar rüber
Und das auch noch übers Internet. Puuuh. Und bisher ohne diese Worte hier, die erst jetzt kommen. Wau. Da bin ich ganz froh, daß ich die Dinge offenbar recht sinnvoll darstelle... oder wie würden Sie das nennen?
Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt. Ist das nicht ähnlich? Seltsamer Gedanke, der mir da so kommt. Vielleicht, indem der Hase das schon versteht, indem er es bereits weiß, oder indem er dran... glaubt? Also, indem es um den... Sinn geht. Lassen Sie diesen Gedanken mal so vor sich hin ruhen...
Ja, und wir glauben ja immer an den Fortschritt, obwohl wir den auch nicht sehen. Die Leute werden geboren und sterben zur Unzeit, Tante Frieda ist immer noch so eklig wie sie immer war, man lacht immer über denselben Käs und wir schauen immer noch neidisch, wenn der Nachbar einen Ferrari hat. Ist das ein Fortschritt? Früher haben sich Männer um Frauen mit der Keule geprügelt, heute tun wir's mit dem Gucci-Sakko. Ist das ein Fortschritt?
Aber da ist noch etwas seltsam: Ein Kind steht dem Fahrtwind - den es nicht gibt, denn der Oldtimer ist im Berg vergraben, wird nie mehr fahren - mit offenen Armen gegenüber. Das 3D-Modell dazu ist das sogenannte "Internet-Baby", auch ein Symbol des Fortschritts, denke ich, wie wir nun immer dazu stehen mögen. Es ist eine unglaubliche Offenheit in der Haltung des Babys, als ob es die Sonne begrüßt. Jedoch ist diese Haltung so riesigoffen, so allvertrauend, daß wir da Lunte riechen. Entweder wir sollen verkohlt werden, da will uns einer mitziehen. Oder er spinnt total einfach so dazustehen, mit so offenen Armen und so... annehmend.
Hnm, wenn wir nur manchmal - diese wenigen wichtigen Manchmals - auch so offen wären. Es liegt auch ein Traum darin, so zu sein. Wir waren schon mal so, Du und ich. Als wir jung waren und die Wunderwerke bestaunten, ob es nun für Leonardo der noch nicht existierende Raumflug oder für mich die Quelle-Kamera aus dem Katalog war. Wir haben sie beide nicht bekommen, aber wir haben dran geglaubt... und dafür anderes bekommen. Schön, nicht?
Ich denke, zu oft haben wir schon von dem Begriff Fortschrittsgläubigkeit gehört, als daß wir nicht sofort auf Unglauben, Abwehr schalten, wenn wir Darstellungen in dieser Art sehen wie hier das Baby. Und das letzte Mal als wir solche Darstellungen in der Kunst sahen, war es die düsterste Zeit des Kontinents. Die Zeit des dritten Reichs. Da gab es auch heldische Darstellungen; Frauen, die sich die Kleider von den Brüsten rissen, um sie den davonziehenden Soldaten zur Rückkehr herzuzeigen - von denen viele nicht wieder kamen. Bilder dieser Art selbst allerdings... gab es auch schon in der Französischen Revolution... und überhaupt immer dann, wenn etwas "passierte". Aber das ist nur so ein Gefühl ;-)
Schrecklich-Anziehend. Aber auch hier, seltsam. Auch eine Kraft, ein Wollen in diesen Darstellungen und den Dingen, die sie zeigen. Eine Zartheit, etwas das wir uns wünschen. Für etwas eintreten können, an etwas glauben, mit großer Unbedingtheit. Aus ganzem Herzen. Fortschritt - sollte das tatsächlich... möglich sein? Wer nicht träumt, erstarrt... wird traurig, läuft geduckt. Wir müssen uns wieder mehr aufrichten, meine Damen und Herren. Weil wir es ja selbst in der Hand haben, was als nächstes passiert. Stunde um Stunde, jede Sekunde.
Insofern wird es Sie jetzt nicht mehr erstaunen, daß das Baby auf meinem Bild wirklich... so gewollt ist. So gewollt, wie es jedes Baby sein sollte, natürlich, klar. Aber eben auch so überirdisch gläubig. Auf deutsch: Es ist echt, auch wenn es Sie wundert. Ich wolltes es so darstellen, weil wir viel Mut brauchen, in einer Welt nach dem 11.9. des vergangenen Jahres.
Es ist ein Fanal für eine Welt, die vor uns sein will. Die wir gestalten müssen, wenn wir sie besser haben wollen.
Ich glaube, Fortschritt ist durch Sie und mich machbar. Wir erleben ihn jeden Tag, gestern, heute, morgen. In der Arbeit und abends hier und jetzt auf dieser Vernissage. Denken Sie immer daran, Sie haben jeder eine Aufgabe, die vor ihnen liegt und die Sie erfüllen müssen. Nein... nicht müssen
Nicht müssen sondern wollen
Das ist der Schlüssel zu mir, zu meinen Bildern, zu dem was ich sehe. Für den Sinn dieser Bilder...
Nun... zu unserem Fortschrittsbild hier. Das Baby steht ein wenig für die fehlende Lampe, soviel sei dem Weitersehenden verraten ;-) aber zu Bildern dieser Art selbst sei gesagt...
Ich habe ja in diesem Bild letzten Endes nichts anderes versucht, als diese Dinge die ich Ihnen eben gesagt habe aus meinen Gedanken auf einen Schlag - einen Blick - in die Ihren zu übertragen, so daß wir darüber... hininterpretieren könnten. Und einiges davon ist mir wohl auch gelungen, wenn ich so in Ihre Mienen sehe. Selbst dann schon, als Sie meinen Vortrag noch gar nicht kannten, sondern vielleicht nur das Bild.
Und sehen Sie, wenn das so sein sollte, wenn ich es geschafft haben sollte, auch nur einer Seele, einer einzigen unter Ihnen allen oder jemandem, der gar nicht hier ist, diese Gedanken zu übertragen, meine Sicht der Dinge und ihrer Zusammenhänge... dann wäre der Zweck dieses Bildes hier und jetzt erfüllt. Es transportierte... Sinn
Meine Bilder sollten also vielleicht: SinnBilder sein...?
Die letzten, die solches malten, lebten und arbeiteten etwa im 16.-18. Jahrhundert - diejenigen Künstler, die die alchemistischen Werke eines Michael Maier, Sendivogius und anderer illustrierten. Es geht also irgendwie um... Alchemie. Vieles davon können Sie z.B. auf den schön gemachten Seiten von Adam McLean auf http://www.levity.com/alchemy/emblem_series.html finden.
Die Bilder dort und natürlich auch die Texte dazu lassen mich oft an diesen Traum besserer, geordneter Welten denken. Vielleicht heutzutage eine virtuelle... da haben wir es eh noch mehr in der Hand als in der Wirklichkeit? Und wer weiß, wenn wir das lange genug machen und viel herzeigen... ob das nicht wieder mal zurückstrahlt, irgendwann?
Alchemie... alchemische Bilder? Auch eine Idee, es so zu nennen. Was meinen Sie dazu?
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